Internationale Touristische Friedensfahrt 2015

- Bericht: Lothar Belitz -


Vorbemerkung

Lothar Belitz

Mein Bericht über die ITF 2013 endete mit den Worten: „Für mich war es die fünfte und gleichzeitig die letzte Teilnahme. Irgendwann muss man zur Einsicht kommen, das Alter lässt sich nicht mehr verleugnen".

Heute muss ich das berichtigen in: „man soll niemals nie sagen". Als die Einzelheiten zur diesjährigen Austragung veröffentlicht waren, musste ich feststellen: das ist bekanntes Gebiet, teilweise führten die Strecken in Orte unserer Etappenfahrt 2008 oder früherer Austragungen der ITF. Das Profil sah zwar anstrengend aus, aber man konnte jeden Tag zwischen drei Strecken wählen. Jürgen (3. Teilnahme) und Michael (4. Teilnahme) waren leicht zu überreden mitzukommen, und für mich war es dann doch die 6. Teilnahme.

Mittwoch 13.05.2015: Elsterwerda - Görlitz, 144 km, 1.017 Hm

Pause am Kloster Marienstern

Ursprünglich sollte die Etappe in Falkenberg/Elster gestartet werden, aber wegen Bauarbeiten an der Strecke wurde sie glücklicherweise verkürzt und am Bhf. Elsterwerda gestartet. Ca. 40 Fahrer machten sich dann um 10.00 Uhr bei Sonne und leichtem Rückenwind auf die mit 133 km angegebene Strecke. Schon nach wenigen Kilometern die große Überraschung: eine 5 km lange „Naturpiste“ erwartete uns, ein Glück es hatte wohl mehrere Tage nicht geregnet. Das Feld zersplitterte sehr schnell, und Jürgen und ich waren auf uns allein gestellt. Viele Ortsdurchfahrten zeichneten sich durch Kopfsteinpflaster aus. Nach 65 km war das Buffet am Kloster Marienstern bei Panschwitz-Kuckau aufgebaut.

Die Hoffnung nun nach der Pause eine Gruppe zu finden erwies sich als Irrtum. Wir passierten Bautzen im dichten Verkehr und trafen immer wieder versprengte Teilnehmer, die den richtigen Weg suchten. Wir schlossen uns einer Gruppe an, wo ein Sportfreund meinte, uns mit seinem Garmin auf den richtigen Weg nach Görlitz zu führen. Weit gefehlt, aber so kamen wir zu einer Kaffeepause in Reichenbach (hier endete 2008 unsere vorletzte Etappe). Aber das war noch nicht das Ende der Irrfahrt: in Görlitz hatte er noch die alte Jugendherberge gespeichert und wir kreisten ewig durch die schöne Stadt. Dann endlich die DJH gefunden, aber nun mussten wir noch ca. 1 km mit dem Gepäck zu unserer „Nachtstätte“ laufen, phantastisch in Radfahrschuhen. Frisch geduscht gingen wir dann zu Fuß auf die polnische Neißeseite zum Abendessen. Gegen 22.00 Uhr traf dann Michael mit dem Auto ein und wir waren komplett.

Donnerstag 14.05.2015: Görlitz - Karpacz, 96 km, 1.406 Hm

Rathaustreppe in Mirsk

Bis in die Morgenstunden regnete es und wir befürchteten das Schlimmste. Da noch etliche Teilnehmer/innen mit dem Zug anreisten, war der offizielle Start erst für 10.30 Uhr am Bahnhof in Görlitz angesetzt. Mit zunehmender Dauer klarte das Wetter auf und mit günstigem Rückenwind fuhren wir über die Neißebrücke hinüber nach Polen. Auch heute – wie übrigens an allen anderen Tagen – bildeten sich schnell kleine Gruppen. Es wurden täglich drei unterschiedliche Strecken angeboten. Ich hatte mich schon im Vorfeld auf die täglich kürzeste Tour entschieden. Ich glaube, meine beiden Mitstreiter waren im Nachhinein froh darüber. Heute hatten sich uns 5 weitere Sportkameraden angeschlossen, die aber total streckenunkundig waren und selten an Kreuzungen warteten. So verloren wir nach 40 km Michael, der vornweg fuhr, während Jürgen und ich an einer unübersichtlichen Kreuzung erst gründliches Kartenstudium betrieben. Nun waren wir zu zweit, aber wir fanden das Buffet am Rathaus in Mirsk.

Die Anderen und auch unseren dritten Mann sahen wir erst am schweren Schlussanstieg hinauf nach Karpacz wieder. Schon von weiten konnten wir die immer noch schneebedeckten Nordhänge der Schneekoppe erkennen. Das Hotel – hier war die ITF schon 2010 vor Ort und unser Hotel aus 2008 lag nur 100 m entfernt – war aber irgendwie auf den Ansturm der Radfahrer nicht vorbereitet. Die Zimmerverteilung zog sich fast eine Stunde hin, und in der Zwischenzeit hatten die Espressomaschine und der Zapfhahn ihren Geist aufgegeben. Eigentlich kann Radfahrer ja nichts erschüttern, aber das dann für die Letzten die Duschen fast kalt waren, war gewöhnungsbedürftig.

Freitag 15.05.2015: Karpacz - Zieleniec, 118 km, 1.726 Hm

Nachdem das Frühstück in zwei Etappen eingenommen wurde, starteten wir bei sonnigem Wetter aber kühlen Temperaturen zur dritten Etappe. Die ersten Kilometer nur bergab, wobei der Streckenplaner zwei Abkürzungen eingebaut hatte, die bei der schnellen Abfahrt wohl nicht zu sehen waren und das ganze Feld halsbrecherisch wendete.

Das tägliche Buffet


Wir ließen uns davon nicht beirren und fuhren wie 2008 direkt nach Kowary. Fuhren wir damals „gemächlich“ über die Hauptstraße zur Passhöhe, war die Streckenführung diesmal auf direkten Weg hinauf vorgesehen. Dies war brutal schwer und ich musste tatsächlich eine kleine Laufpassage einlegen. Danach dann eine lange Abfahrt hinunter nach Lubanka um dann gleich wieder den nächsten Berg zu nehmen. Aus Erfahrung klug geworden blieb Michael heute den ganzen Tag bei uns, während wir die anderen bald wieder verloren. Das Buffet war – wie jeden Tag – einsame Spitze.

Hotel in Zielenicz

Landschaftlich und vom Straßenzustand her war das heute der schönste Tag, auch die 13 km auf der stark befahrenen Nr. 8 konnte diesen Eindruck nicht verwässern, zumal es dann auf einer kaum befahrbaren Straße zum Ziel hinauf nach Zieleniec ging. Die Schlusssteigung mit 500 Hm auf 10 km und zum Teil 12 % Steigungen hatten es noch einmal richtig in sich. Nicht umsonst war das heute die Königsetappe. Oben angekommen bot sich uns ein überwältigender Anblick auf den zentralen Skiort des Adlergebirges. Die Krönung war dann das Spitzenhotel – sogar die Heizung war an – und ein hervorragendes Buffet am Abend.

Sonnabend 16.05.2015: Zieleniec - Benecko, 122 km, 1.490 Hm

Wintersportzentrum Zielenicz

Nach dem tollen gestrigen Tag kam dann heute die Ernüchterung. Das betrifft überwiegend den Straßenzustand in Tschechien, der teilweise grottenschlecht war, und das schlechte Kartenmaterial, das wir bekamen. Zahlreiche kleinste Straßen, die selbst auf meiner Karte im Maßstab 1:150000 kaum zu erkennen waren, führten zu zahlreichen Diskussionen an Kreuzungen und schlussendlich auch zu 20 Mehrkilometern. Bei herrlichem Sonnenschein nahmen wir Abschied von dieser wunderbaren Gegend.

Nach 5 km ging es dann auf einer allerdings angekündigten Naturpiste hinüber nach Tschechien und das auch noch leicht begab. Hinter Nachod (große Baustelle) gab es eine lange Steigung und diesmal war auch Jürgen mit den Schnelleren verschwunden. Wir konnten uns aber per Handy verständigen und trafen bald wieder zusammen.

Adlergebirge


Entscheidend für die Mehrkilometer des heutigen Tages war aber, dass wir nach dem Buffet nicht die richtige Ausfahrt für die vorgesehene kürzere Runde nahmen und dies erst nach längerer Zeit bemerkten, als uns Teilnehmer der großen Runde überholten. Nun fuhren wir zu Dritt dem Ziel entgegen, ein halber Liter stärkte uns für die letzten 25 km, die überwiegend bergauf führten. Das Hotel in Benecko lag auf 750 m Höhe und war die dritte Bergankunft hintereinander. Das Abendessen wurde mit zahlreichen Bieren und dem tschechischen Nationalgetränk Becherovka ergänzt.

Sonntag 17.05.2015: Benecko - Görlitz, 101 km, 1.060 Hm

Start zur letzten Etappe in Benecko

Was wir gestern zum Schluss hinauf fuhren, musste heute Morgen bei sehr kühlen Temperaturen bergab gefahren werden. Schon nach 2 km erwischte ich ein 20 cm tiefes Schlagloch und konnte einen Sturz mit viel Mühe verhindern, allerdings saß mir der Schrecken darüber den ganzen Tag in den Gliedern. Der Tacho lag auf der Straße und die Felge hatte das auch nicht unversehrt überstanden. Der Abschnitt auf der Straße Richtung Tanvald-Harrachov war sehr stark befahren. Man hatte das Gefühl ganz Sachsen war im PKW oder auf Krädern unterwegs. Bei km 31 begann der Aufstieg auf fast 900 m Höhe. Hatten wir hier 2010 noch Nebel, Wind und nur 5 Grad schien zwar heute die Sonne, aber ein eisiger Wind ließ die gefühlte Temperatur nicht viel wärmer erscheinen.

Die dann folgende Abfahrt zum Buffet in Heinice tat dann ein Übriges dazu, dass wir dies völlig unterkühlt erreichten. Aber es gab ein kleines Cafe; Tee und Kaffee erwärmten uns etwas. Die dann folgende weitere Ortsdurchfahrt und der Abschnitt bis Frydlandt war die absolute Katastrophe, ständig Baustellen und Straßensperrungen ließen uns nur schwer voran kommen. Dann endlich Frydlandt, der direkte Weg durchs Stadtzentrum war durch ein mittelalterliches Fest versperrt, aber ohne weiteren Umweg fanden wir wieder hinaus. Dann im Grenzgebiet dieses Dreiländereckes ein Straßenbelag vom Feinsten. Warum wir dann nicht den vorgesehenen Weg auf der deutschen Seite nach Görlitz nahmen, wusste im Nachhinein auch niemand mehr. Jedenfalls erreichten wir Görlitz um 15.00 Uhr glücklich, zufrieden und das Wichtigste: unverletzt.

Schlussbemerkung

581 km mit insgesamt 6.700 Hm, tolle Landschaften, Straßen unterschiedlichster Güte machten auch diese Tour zu einem radsportlichen Ereignis. Wenn es etwas zu beanstanden gab, dann nur: das ausgehändigte Kartenmaterial für diejenigen die nicht mit fortschrittlichen Navis fuhren, ließ doch zu wünschen übrig. Der Veranstalter konnte sich wieder mal nicht zu einer Teilnehmerbegrenzung durchringen, für das nächste Jahr versprach er es zum Schluss allerdings. Insgesamt waren es fast 90 Teilnehmer/innen und 10 Helfer/innen. Großen Dank an die Familie Raabe von den „Thüringer Bergziegen“ aus der Nähe von Saalfeld, die jeden Tag mehrere Stunden am Buffet verweilten und unermüdlich Brote schmierten.

Für diejenigen, die noch mehr über diese Tour wissen wollen und Berichte anderer Teilnehmer lesen wollen, empfehle ich die Seite: www.itf-radreisen.de. Und wer mal etwas anders sehen will, dem sei die Teilnahme 2016 empfohlen.